Von Sonja Faulhaber
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Steinhagen.
Ein katholischer Kindergarten in Steinhagen? Ist das sinnvoll? Als bekannt wurde, dass die katholische Kirche die Trägerschaft des neuen Kindergartens an der St.-Hedwig-Straße übernehmen will, gab es eine gewisse Skepsis in der Gemeinde. „Noch bevor der Kindergarten eröffnet worden war, bekam ich Anrufe mit kritischen Nachfragen”, erinnert sich Hildegard Strakeljahn, die vom ersten Tag an die Leitung des Kindergartens Regenbogen übernommen hatte. Mittlerweile sind 20 Jahre vergangen und der Kindergarten ist aus der Gemeinde nicht mehr wegzudenken. Um Vorurteile abzubauen, brauchten Strakeljahn und ihre Kolleginnen übrigens nur ein paar Monate, schon im zweiten Jahr war die Einrichtung komplett ausgelastet - ein Zustand, der sich bis heute nicht geändert hat.
In der kommenden Woche feiert der Kindergarten Regenbogen sein 20-jähriges Bestehen. Und da das Wichtigste bei einem solchen Ereignis die Kinder sind, wird es für sie eine einwöchige Projektwoche mit dem Zirkus Pompitz geben (siehe Hintergrund).
Aber ein solch runder Geburtstag gibt auch Gelegenheit, sich an die Anfänge zu erinnern. Hildegard Strakeljahn hat die Geschichte des Kindergartens von der ersten Minute an miterlebt. „Wir verdanken diesen Kindergarten eigentlich Irma Rosenow”, erinnert sie sich. „Sie hatte sich beim Kirchenvorstand massiv dafür eingesetzt, die Trägerschaft zu übernehmen.” Das heftige Ringen zahlte sich aus, Anfang 1993 begannen die Arbeiten an dem Gebäude. Doch es kam zu Verzögerungen. „Der Bagger stieß auf Fließsand. Danach musste erst einmal alles trockengelegt werden”, sagt Strakeljahn. Und das dauerte. Doch ab 1. August sollten die ersten Kinder betreut werden. Was nun? Der Kindergarten zog kurzerhand mit acht Erzieherinnen und den ersten rund 20 Kindern, deren Eltern dringenden Bedarf hatten und nicht warten konnten, in die Räume des Pfarrheims um. „Wir haben den Saal mit Trennwänden unterteilt, in einer Ecke Betten aufgebaut und in der anderen die Tische gestapelt, die wir nicht brauchten.” Es war provisorisch - doch nicht weniger mit Enthusiasmus gefüllt als die erste Zeit im »neuen« Gebäude. „Toll war, dass wir ein neues Team hatten, dass wir gemeinsam etwas aufgebaut haben”, so Strakeljahn.
Am ersten Elternabend, Anfang September im Pfarrheim, hatte Pastor Bußmann seinen letzten Tag in Steinhagen.
Sein Nachfolger, Pastor Quante, kam einige Wochen später. Strakeljahn: „Doch ohne die positive Unterstützung der Kirchenvorstands-Mitglieder Angela Heck und Walter Kuhn hätten wir so manche Dinge nicht geschafft. Die ganze Kirchengemeinde und Pastor Quante haben die Kita von Anfang an unterstützt.”
Bis in den Herbst hinein dauerte es, bis das gegenüberliegende Gebäude fertig war. Dann endlich konnte die Gruppe am 8. November mit knapp 60 Kindern einziehen. Strakeljahn: „Es war ein aufregendes Gefühl. Wir haben noch am Sonntag die Möbel eingeräumt, um Montag starten zu können.”
So holprig der Beginn des neuen Kindergartens war, so reibungslos verlief es in den nächsten Jahren. Schon kurz nach dem Einzug, am 11. November, wurde das erste Martinsfest gefeiert. Natürlich mit Pferd und Reiter. Ganz traditionell. So wie es bis heute Brauch ist. Der Kindergarten Regenbogen erwarb sich innerhalb kürzester Zeit einen guten Ruf in der Gemeinde, immer mehr Eltern wollten ihre Kinder dort unterbringen. Dabei ist nur die Hälfte der Kinder katholisch, der Rest ist evangelisch oder konfessionslos und sogar einige muslimische Kinder besuchen die Einrichtung. „Gar kein Problem”, so Strakeljahn. „wir sind ein offener Kindergarten.”
Überhaupt hat sich die Einrichtung schon früh modernen pädagogischen Aspekten geöffnet, die gerade wieder heiß diskutiert werden: Inklusion und U 3-Betreuung. Die Kleinen gehörten von Anfang an mit dazu. „Das war Vorgabe seitens der Politik”, erinnert sich Strakeljahn. Noch heute wird auf die Betreuung der Kleinsten ein besonderes Augenmerk gelegt - eine Einstellung, die auch die Eltern zu schätzen wissen, denn die U 3-Plätze in der Kita Regenbogen sind sehr begehrt.
Ab 1996 kam dann die Inklusion noch hinzu. Für Hildegard Strakeljahn kein Neuland, war sie doch zuvor in einer Ersatzsonderschule für Kinder mit geistiger Behinderung tätig. Das erste Kind war ein Junge mit Down-Syndrom. „Ein Sonnenschein”, erinnert sich Strakeljahn. Nach ihm kamen nach und nach immer mehr Kinder mit Förderbedarf in den Kindergarten, auch für ein Kind im Rollstuhl bot die ebenerdige Einrichtung das perfekte Umfeld. „Wir schließen niemanden aus”, so damals und heute die Devise. Strakeljahn: „Anderssein ist bei uns normal.”
Seit 2002 ist der Regenbogen eine Musik-Kita und seit 2009 anerkannte Bewegungskita. Auch der seit 1997/1998 engagierte Förderverein trägt zur gleichbleibend hohen Qualität bei. Mittlerweile ist der Kindergarten nicht mehr in Trägerschaft der katholischen Kirche, sondern ein Teil der katholischen Kindertageseinrichtungen Minden-Ravensberg-Lippe gemeinnützige GmbH. An den christlichen Strukturen im Haus hat dies jedoch nichts geändert. Egal ob Erntedankfest, Nikolaus oder der Segen der Heiligen Drei Könige - das Vermitteln von Werten und Orientierung gehört zum Alltag im Kindergarten Regenbogen einfach dazu.