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Spaghetti-Teller schlägt Bibber-Wetter

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Von Frank Jasper

Steinhagen.
"Wir sind positiv überrascht, dass trotz des schlechten Wetters so viele Besucher gekommen sind", zog Gastronom Peter Krebs gestern ein positives Resümee zum Köchemarkt. Das Gourmet-Festival hatte fünf Tage lang auf den Marktplatz gelockt. Die Besucher schätzen die entspannte Open-Air-Atmosphäre und freuen sich auf extra scharfe Spaghetti.

"Die haben wir nur zum Köchemarkt auf der Karte", betont Peter Krebs vom Hotel-Restaurant Graf Bernhard 1344 schmunzelnd. Und Familie Meyer ordert sogleich drei Portionen von dem Pastagericht, das von Nico Wendland pikant gewürzt und mit Scampis angerichtet wird. "Aber auch die Spargelgerichte sind sehr gut angekommen und wurden besonders oft bestellt", berichtet Peter Krebs, der 2005 die Regie des Köchemarktes übernommen hat. Im Jahr 2000 wurde die Veranstaltung »Steinhagen kocht auf« aus der Taufe gehoben und ist seitdem ein Publikumsrenner.

Angesichts des Bibber-Wetters in diesem Jahr könnte man auf die Idee kommen, die Freiluftveranstaltung in die Sommermonate zu verlegen. Eine Idee, die von den Organisatoren aber sofort wieder verworfen wurde. "Wir möchten den Köchemarkt gerne weiterhin mit dem Tanz in den Mai verbinden. Das zieht schließlich viel Publikum, wovon wir profitieren. Außerdem hat sich der Termin am ersten Mai-Wochenende bei vielen festgesetzt. Die Leute wissen einfach: Dann gehen wir in Steinhagen essen. Ein neuer Termin birgt auch Risiken, weil an den nachfolgenden Wochenenden immer parallel Veranstaltungen in Nachbarstädten stattfinden", berichtet Peter Krebs. Außerdem sei man mit dem Publikumszuspruch immer noch zufrieden. Allein am Samstag seien tausend Leute da gewesen. "Die haben bei uns gegessen, sind aber nicht so lange geblieben wie bei schönem Wetter", musste der Organisator feststellen.

Damit nicht nur der Gaumen, sondern auch Augen und Ohren auf ihre Kosten kommen, hatten die Gastwirte auch in diesem Jahr ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm auf die Beine gestellt. Vor allem der Tanz in den Mai erwies sich als geselliger Höhepunkt. Zumal die Band »McCreams« mit den richtigen Tanzflächen-Füllern die 300 Gäste am Mittwochabend bestens bei Laune hielt.

Am Samstag zeigte sich dann auch die Sonne und lockte die Menschen auf den Marktplatz. Dort lieferten die

Bielefeld-Didgers
mit ihren Didgeridoos eine etwas ungewöhnliche Tischmusik. Wem es auf dem Köchemarkt geschmeckt hat, dem sei Steinhagens Gastronomieszene auch an allen anderen Tagen im Jahr an Herz und Gaumen gelegt.

Unerwarteter Geldsegen füllt Gemeindekasse

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von jonas damme

Steinhagen.
Kämmerer Jens Hahn ist mehr als zufrieden: Insbesondere auf Grund von Nachzahlungen liegt das vorläufige Jahresergebnis der Gemeinde Steinhagen 5,7 Millionen Euro höher als erwartet. Die Zahlen sollen am Donnerstag im Haupt- und Finanzausschuss vorgestellt werden. Die Sitzung im Ratssaal beginnt um 18 Uhr und ist öffentlich.

Eigentlich war für das Jahr 2013 ein Defizit von 1,1 Millionen Euro eingeplant gewesen. Stattdessen wurden 4,6 Millionen Euro erwirtschaftet.

"Das ist ein sehr, sehr gutes Ergebnis", zeigt sich Steinhagens Kämmerer Jens Hahn erfreut. Die Ausgleichsrücklage der Gemeinde - also das Eigenkapital, das den finanziellen Spielraum einer Kommune ausmacht - steigt damit auf ein Fünf-Jahres-Hoch von 13,7 Millionen Euro und liegt sogar höher als 2008, als die kaufmännische Buchführung in der Verwaltung eingeführt wurde.

Dabei lagen die tatsächlichen Ausgaben im vergangenen Jahr sogar höher als geplant: Eine Erhöhung der Gewerbesteuerumlage an das Land NRW, aber auch Einzelposten, wie die Rückstellung für die Dachsanierung der Grundschule Steinhagen oder die nicht eingeplante, notwendige Sanierung der Dächer der Sporthalle Brockhagen und des Gymnasiums ließen sie um 3,2 Millionen Euro steigen.

Erheblich stärker als die Ausgaben stiegen aber die Erträge: Aus der Planung von knapp 37 Millionen sind mehr als 45 Millionen Euro geworden. "Einen großen Teil davon machen Nachzahlungen aus", erläutert der Kämmerer. "Die Unternehmen zahlen ihre Gewerbesteuer im Voraus. Wenn das Betriebsergebnis dann doch besser ausfällt als erwartet, gibt es weitere Zahlungen." Hahn betont dabei, dass große wie kleine Unternehmen für die Gesamtsumme wichtig sind. "Auch die guten Jahresumsätze von Familienunternehmen helfen uns. Insgesamt sind wir gegenwärtig gut aufgestellt."

Ein weiterer Posten, der in die Abweichung von 8,8 Millionen Euro einfließt, ist Geld, das das Land zurückzahlen muss. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes Nordrhein-Westfalen waren viele Kommunen zu stark an den Kosten der deutschen Einheit beteiligt worden und bekamen nun etwas zurück - im Fall der Gemeinde Steinhagen fast 1,7 Millionen Euro im vergangenen Jahr. "Weil das Geld noch im Dezember ausgezahlt wurde, ist es vollständig in den Haushalt 2013 eingeflossen."

Alle Zahlen gelten aber noch unter Vorbehalt. Bevor der Haushalt vom neu zu wählenden Rat Mitte des Jahres verabschiedet werden kann, muss er noch geprüft werden. Zwei Wochen soll die unabhängige Wirtschaftsprüfgesellschaft Concunia aus Münster dafür brauchen.

Aufgrund der Kommunalwahlen am 25. Mai will Kämmerer Hahn aber den anstehenden Haushalts- und Finanzausschuss nutzen, um dem alten Rat die vorläufigen Ergebnisse schon einmal vorzustellen. Hahn prognostiziert auch für die kommenden Jahre gute Zukunftsaussichten. "Finanzmenschen sind sehr vorsichtig optimistisch", sagt er, "auf jeden Fall wollen wir auch in den kommenden Jahren weiter ohne Schuldenaufnahmen auskommen."

Guck mal, wer da piept

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Von Carolin Hlawatsch

Steinhagen. Mit gespitzten Ohren und Ferngläsern um den Hals steht eine zehnköpfige Gruppe Naturfreunde auf dem Gemüsehof Ströhen. Zusammen mit dem Hobby-Ornithologen und Vorsitzenden des Naturschutzbundes (NABU)
Bielefeld, Andreas Schäfferling, wollen sie die Vogel-Welt auf dem Ströhen erkunden - und werden nicht enttäuscht.

Gleich zu Beginn der Exkursion machten die Vogel-Freunde eine interessante Beobachtung: Zwei Lachmöwen flogen über ihr Köpfe hinweg. Die seien nicht gerade typisch für die hiesige Region, erfuhren sie vom Experten. In den Bäumen, Sträuchern und Wiesen rund um den Gemüsehof Ströhen zwitscherte es rege. Aufgrund der dort betriebenen naturnahen Landwirtschaft bleibt Lebensraum für die heimische Fauna erhalten. Sogar ein Turmfalke fühlte sich dort wohl. In den vergangenen Jahren brütete er im Giebel des Hofes. In diesem Jahr stand ihm aber wohl der Sinn nach Abwechslung. Er hat sich ein anderes Quartier gesucht.

Doch auch ohne Turmfalke gab es für die Teilnehmer jede Menge zu sehen. Sie entdeckten einen Fasan, Kohlmeisen und eine Ringeltaube. "Ich möchte wissen, was für Vögel hier leben", begründete Doris Hellermann, die vergangenes Jahr auf den Ströhen gezogen ist, ihre Teilnahme. Annette Lechthoff aus Steinhagen wanderte mit, um mehr über die Problematik in der heimischen Vogelwelt zu erfahren und eine Einschätzung darüber zu bekommen, wie intakt die Natur rund um Steinhagen noch ist.

"Auch häufige Vogelarten wie der Spatz oder die Meise werden von Jahr zu Jahr weniger", lautet die ernüchternde Aussage von Andreas Schäfferling. Besonders Arten, die in Gebieten der traditionellen Landwirtschaft gelebt haben, seien bedroht. Diese Flächen werden heute viel intensiver bewirtschaftet und Bodenbrüter wie Kiebitz, Brachvogel oder Feldlerche finden dort nicht mehr die benötigte Ruhe.

Wer heimischen Vögeln Gutes tun will, sollte einen vogelfreundlichen Garten mit heimischen Pflanzen anlegen. "Rhododendron und Kirschlorbeer sind nichts für die Vögel", erklärte Andreas Schäfferling während der Wanderung. Wildkräuter wie Ampfer müssten zugelassen werden. Die seien die Lieblingsspeise von Arten wie dem Dompfaff oder dem Stieglitz, die wie andere Vögel auch eine gesunde Unordnung im Garten zum Wohlfühlen brauchen.

Auf dem Hof Sprungmann angekommen, flatterten zahlreiche Rauchschwalben über der Gruppe. Bauer Sprungmann öffnete das große Deelentor und deutete auf die Plätze, an denen die Schwalben ihre Nester bauen. "Dieser Hof ist noch offen für die Rauchschwalbe", lobte Schäfferling. "Diese Art brütet in Gebäuden und hat es heute schwer, weil viele Höfe ihre Luken schließen, um Dreck zu vermeiden", erklärte er.

Um viele Natur-Eindrücke reicher und sensibilisiert für die Gesänge der Vögel kehrten die Teilnehmer nach rund zwei Stunden auf den Hof Ströhen zurück. Weitere vogelkundliche Touren und andere Wanderungen mit Umweltthemen bietet der NABU Bielefeld auch für Nichtmitglieder gratis an.

Beseeltes Tastenspiel überzeugt Publikum

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Von Carolin Hlawatsch

Steinhagen.
Es ist inzwischen schon Tradition: Das Ende der aktuellen Spielzeit des Kulturwerks bildete am Dienstag das Konzert der Nordwestdeutschen Philharmonie in der Aula im Schulzentrum. Unter der Leitung des Schweizer Dirigenten Simon Gaudez und mit Solo-Pianist Igor Ardasev am Flügel spielten die 60 Musiker Werke von Sergej Prokofjew, Robert Schumann und Ludwig van Beethoven.

Passend zur Leichtigkeit des lauen Frühlingsabends ließen die Streicher ihre Bogen flott auf den Saiten springen. Als Erstes präsentierte das Orchester die »Sinfonie Classique« des russischen Komponisten Sergej Prokofjew. Vier Sätze in nur 15 Minuten, die unbeschwert und unkompliziert daherkamen. Das zeigten auch die mitwippenden Füße des Publikums. Diese erste der insgesamt sieben von Prokofjew komponierten Sinfonien ist eingängiger als seine späteren Werke, die teils scharfe, für die Ohren geradezu herausfordernde Dissonanzen enthalten.

Der 1891 im russischen Kaiserreich geborene und später in den USA und Frankreich wirkende Prokofjew war vielseitig und entwickelte auch Filmmusik, Ballett und sozialistische Musikstücke. Seine Sinfonien - ein Hörgenuss.

Auf die Leichtigkeit der ersten Sinfonie Prokofjews folgten eher nachdenkliche Klänge mit Schumanns Klavierkonzert in a-moll, eines der bekanntesten romantischen Klavierwerke. Hierfür schritt in Steinhagen Igor Ardasev als Solist an das Klavier in der Mitte der Bühne. Ardasev zählt zu den bedeutendsten europäischen Pianisten und arbeitete bereits mit zahlreichen nationalen und internationalen Orchestern zusammen. Virtuos ließ er die Finger über die Tasten gleiten, die Stimmungen des Stücks spiegelten sich deutlich in seiner Mimik.

Leidenschaftlich in die Musik versunken war auch Dirigent Simon Gaudenz. Bei den wild entfesselten Themen in Beethovens Sinfonie Nr. 4 schwang er den Taktstock in großen Bogen, sodass einem, konzentrierte man sich nur darauf, fast schwindelig werden konnte.

Schon vor dem Konzert wurden Interessierte in einer Informationsveranstaltung mit Klangbeispielen auf die Werke des Abends vorbereitet. Ein schöner Service, den das Kulturwerk hin und wieder anbietet. Der musikalische Leiter der Nordwestdeutschen Philharmonie, Udo Stephan Köhne, informierte über das Schaffen der drei Komponisten, die alle die Rückbesinnung auf klassische Elemente gemeinsam haben.

Den ersten Auftritt mit dieser Komponisten-Zusammenstellung hatte die Nordwestdeutsche Philharmonie tatsächlich in

Steinhagen.
Mit dem Programm tourt das Orchester nun durch Spanien.

Stadtführung mit Traktor

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Steinhagen (BNO).
»Von Stiftern und Schnapsbrennern«, »Kleines Dorf ganz groß« oder »Sprichwörtliches Steinhagen« sind nur drei von insgesamt 15 spannenden Stadtführungen in Steinhagen, Brockhagen und Amshausen, die in einem ganz neuen Flyer zusammengefasst sind. Das übersichtliche Infoblatt wird in Kürze im Rathaus, in den Geschäften, Banken und Sparkassen ausliegen.

2008 war die letzte Stadtführerbroschüre erschienen. Die Neuauflage ist nun übersichtlicher gestaltet, unterscheidet nach Ortsteilen sowie nach Fuß-, Rad- und Bustouren. Die Dauer der Führungen sind ganz unterschiedlich. »Auf Entdeckungstour in Steinhagen« sind die Teilnehmer eine Stunde unterwegs. Wer die Bischofsroute über die Patthorst und Brockhagen nach Marienfeld und den Rückweg über den Mönchsweg per geführter Radwanderung erkunden will, sollte dafür einen ganzen Tag einplanen.

Die Stadtführer bieten aber auch die Möglichkeit einer Wunschführung. "Dauer, Treffpunkt und Thema werden dann ganz individuell abgesprochen", erläutert Renate Runge - eine der insgesamt zwölf Stadtführer der Gemeinde - das Prinzip. Auch die Fortbewegungsmittel, so sie denn von den Teilnehmern selbst gestellt und gefahren werden, sind frei wählbar. "Wer möchte, kann auch einen Traktor mit Anhänger mitbringen", nennt Wilken Ordelheide ein Beispiel, das in der Praxis tatsächlich schon einmal vorgekommen ist.

Die Teilnehmerzahl ist bei allen Führungen auf 25 Personen begrenzt. Nach unten gibt es hingegen kein Minimum. "Wir laufen auch für zwei Leute los", so Marion Dawidowski mit einem Lächeln. Der Preis bleibt immer gleich: Die erste Stunde kostet 30 Euro pro Gruppe, jede weitere Stunde 15 Euro. Zusätzlich zu den konstanten Stadtführungen, bei denen Interessierte die Termine in Absprache mit den Führern frei wählen können, bietet das Team in jedem Jahr auch offene Führungen zu festen Terminen an. Am 14. Juni, 14 Uhr, laden Renate und Wilken Ordelheide zu der Führung »Zu Besuch auf einem Brockhagener Bauernhof« ein. Anmeldungen unter ` (0 52 04) 44 73.

Am Sonntag, 21. September, lautet das Thema »Herbstspaziergang auf dem alten Kirchweg nach Dornberg«. Anmeldungen unter ` (0 52 04) 8 08 35 bei Margret Krullmann, die im November und Dezember für Gruppen auf Anfrage auch wieder ihre beliebten Nachtwächterführungen anbietet.

Am 11. Oktober zeigt Sigrid Flemming das herbstliche Brockhagen und lädt anschließend zum Pickertessen ein. Anmeldungen unter ` (0 52 04) 81 28.

Weitere Informationen zum Thema Stadtführungen erhalten Interessierte bei Petra Holländer im Rathaus unter ` (0 52 04) 99 71 34 oder per Mail an petra.hollaender@gt-net.de.

Chancen stets erkannt und genutzt

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Von Frank Jasper

Steinhagen. Wer so viele Ämter in so hohen Positionen bekleidet hat, der kann seine Biografie im eigenen Wikipedia-Eintrag nachlesen. Ursula Bolte hat für das Pressegespräch die zwei Seiten ausgedruckt vor sich liegen und stellt lachend fest: "Ich war selbst ganz überrascht. Man wird da ja nicht vorher gefragt." Diesen Sonntag feiert die ehemalige Landrätin und Landtagsabgeordnete ihren 70. Geburtstag. Das Ständchen kommt von Anne-Sophie Mutter. Wirklich? Wirklich!

Dafür, dass Ursula Bolte keine bewusste Karriereplanung betrieben hat - das behauptet sie zumindest - hat es die Vollblutpolitikerin zu vielen Posten gebracht. Aufgewachsen in einem Elternhaus, in dem es selbstverständlich war, dass man in die Gewerkschaft eintrat und den Politikteil der Zeitung las, war es nur konsequent, dass Ursula Bolte 1966 in die SPD eintrat. Zumal ihr Mann Udo bereits in der Partei kräftig mitmischte.

Die politische Karriere nahm allerdings erst ihren Lauf, als die beiden Kinder bereits auf der Welt waren und die gelernte Industriekauffrau für den neuen Kreistag kandidierte. Das war 1973, dem Jahr der Gebietsreform. Bis 1999 gehörte sie dem Gremium an. "Der Kreis Gütersloh hat sich gut entwickelt, aber er ist bis heute keine Einheit geworden", stellt Ursula Bolte etwas enttäuscht fest. Zu unterschiedlich seien die traditionellen von Konfessionen, Schulangebot, Presse und Arbeitswelt geprägten Strukturen, die eine imaginäre Grenze zwischen Nord und Süd ziehen.

Von 1995 bis 1997 und von 2000 bis 2005 saß Ursula Bolte für die SPD im NRW-Landtag. In der Zeit dazwischen wirkte sie als Landrätin. Ihre guten Kontakte auf Kreis- und Landesebene hat die Steinhagenerin mehr als einmal für ihren Heimatort genutzt. "Man muss die Chancen erkennen, wo es sich nachzuhaken lohnt", sagt die Sozialdemokratin und setzt ein vielsagendes Lächeln auf. Das galt zum Beispiel, als es darum ging, Finanzmittel vom Land für ein neues Steinhagener Rathaus lockerzumachen.

Als Landrätin war Ursula Bolte zunächst von 1994 bis 1997 ehrenamtlich tätig, bevor sie 1997 zur ersten hauptamtlichen Landrätin des Kreises Gütersloh gewählt wurde. Ein denkwürdiger Wahlabend, an dem aufgrund eines Abweichlers aus CDU-Reihen eine Pattsituation entstand und schließlich das Los darüber entschied, dass Ursula Bolte über den damaligen Oberkreisdirektor und Mitbewerber Günter Kozlows-ki (CDU) triumphierte.

Ob sie es als Frau im Politikgeschäft manchmal schwer hatte? Ursula Bolte ist ehrlich genug, um mit einem klaren "Nein" zu antworten. Trotzdem ist sie eine Verfechterin der Frauenquote. "Weil die entscheidenden Positionen von Männern besetzt sind und die in der Regel keine Frau dazwischenlassen", ist sie überzeugt.

Die heute 70-Jährige hat ihre Positionen - auch als Vorsitzende des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe - genutzt und verbucht im Rückblick die Verhinderung der Müllverbrennungsanlage in Gütersloh ebenso als Erfolg wie die Verwaltungsmodernisierung im Kreis und den Ausbau der Museumslandschaft in NRW.

Dass Einrichtungen für behinderte Kinder neu gegliedert wurden, weg von großen Heimen, hin zu dezentralen familiären Strukturen, sei ein Kraftakt gewesen - aber einer, der sich gelohnt habe.

Bis heute setzt sich die zweifache Großmutter für das Gemeinwohl ein. Als Vorsitzende der AWO Steinhagen, der Peter-August-Böckstiegel-Stiftung und Kuratorin der Kunststiftung NRW will Ursula Bolte auch mit 70 Jahren für eine Gesellschaft eintreten, in der bürgerschaftliches Engagement etwas bewirken kann. "Leider gibt es immer weniger Menschen, die das tun. Doch ohne sie steht die Demokratie auf wackeligen Füßen", ist Ursula Bolte überzeugt. Nicht auszuschließen, dass ihre Vita bei Wikipedia noch um den ein oder anderen Eintrag ergänzt werden muss.

An ihrem 70. Geburtstag fährt sie mit der Familie nach Essen. Dort steht Konzertgeigerin Anne-Sophie Mutter auf der Bühne. Für Klassik-Fan Bolte ein perfektes Programm - für einen 70. Geburtstag und für einen Muttertag, den es für den Familienmensch Bolte am Sonntag schließlich auch zu feiern gilt.

Grüne bestaunen Energiewunder

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von florian gontek

Steinhagen.
Die Idee ist revolutionär: ein Haus bauen, das im Jahr mehr Energie produziert, als es verbraucht. Der Steinhagener Zimmerei-, Tischlerei- und Denkmalpflegebetrieb Burg&Monjau hat - in Zusammenarbeit mit dem Bielefelder Architekten Martin Dammann - genau das getan. Am Samstag wollten sich auch die Steinhagener Grünen gemeinsam mit der Landtagsabgeordneten Wibke Brems vom neuen Energiebündel an der Lange Straße 30/30a überzeugen.

Platz genommen haben die Parteimitglieder dabei auf Bierbänken in einer der beiden Doppelhaushälften, die in "etwa sechs bis acht Wochen" fertiggestellt werden sollen, wie Bauherr Bernd Monjau bestätigte. Wann die beiden Häuser mit einer Gesamtgrundstücksgröße von 773 Quadratmetern - aufgeteilt in jeweils etwa 420 zu 350 Quadratmetern - wohnbereit sind, hänge laut Monjau auch davon ab, wann sich Käufer finden lassen. Derzeit gebe es für beide Haushälften mit jeweils 150 Quadratmetern Wohnfläche noch keine ernsthaften Interessenten. Der Einzelpreis liegt um die 300 000 Euro.

Doch das sind Fakten, die etwa ein Dutzend grüne Parteimitglieder am Samstagnachmittag nur am Rande interessierten. Die Steinhagener um Fraktionssprecher Detlef Gohr und Ortsverbandssprecherin Heike Horn begeisterte vielmehr der ökologische Wert des Hauses, das laut Monjau nur unwesentlich teurer sei als ein Haus in konventioneller Bauweise.

Der Clou liegt bei dem wohl ersten Plusenergiehaus der Gemeinde dabei im Detail: angefangen mit der Dämmung. Die funktioniert als Beplankung mit Holzfaserplatten, als Einblasdämmung für die Zwischenräume werden Holzfasern verwendet. Diese hätten laut Monjau den Vorteil, dass sie vollkommen ökologisch aufgebaut seien und aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Nicht etwa - wie sonst üblich - aus Kunst- oder Schaumstoffen.

Auch die Stoffauswertung bei Holzfasern sei relativ hoch, da sie komplett aus Hackschnitzel gewonnen werden können. Wichtig ist bei der Komplettdämmung beider Häuser allerdings auch die vollkommene Diffusionsoffenheit der Holzfaser. "Die Luftfeuchtigkeit kann hindurchtreten", erläutert Monjau, das sei vor allem für das Heizen wichtig.

Hier holt sich eine Wärmepumpe ihr Energiepotenzial aus der Tiefe, diese wird dann über einen Wärmetauscher mit Rückgewinnung weitergegeben. Der verbrauchten Luft wird dabei, bevor sie nach außen abgegeben wird, der Energie entzogen, ehe sie der Frischluft wieder zugeführt wird. "Jedes Haus hat dabei völlig separate Versorgungssysteme", erläutert Monjau. Dies habe auch bei der Doppelhaushälfte den Vorteil, dass beide Nutzer für die Wartung der Heizanlage selbst verantwortlich seien. Auf dem Dach werden beide Doppelhaushälften mit sieben Kilowatt-Peak-Photovoltaikanlagen energetisch unterstützt. Diese seien, auch trotz neuer Energieumlageregularien, bei steigenden Strompreisen noch immer rechnend, so Monjau.

Landtagsabgeordnete Wibke Brems lobte, stellvertretend für die Grünen, den Weg zum energieeffizienten Bauen. "Die meisten Gebäude sind energetisch sanierungsbedürftig", so Brems. Dieses Bauvorhaben sei nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich ein Schritt in die richtige Richtung.

Kinder protestieren gegen KiBiz

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Steinhagen (BNO).
Kinder sind nicht allzu häufig im Rathaus zu Gast. Gestern empfing Klaus Besser gleich 55 kleine Besucher. Gemeinsam mit ihren Erzieherinnen aus der katholischen Kindertagesstätte Regenbogen übergaben die Jungen und Mädchen dem Bürgermeister gut 100 gesammelte Postkarten mit Unterschriften, um gegen die finanziellen Auswirkungen des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) zu demonstrieren.

"Unser Protest richtet sich nicht gegen die Gemeinde, denn die sorgt gut für die Kitas und hat immer ein offenes Ohr für uns, sondern gegen die Landesregierung", betonte Kita-Leiterin Hannelore Strakeljahn eingangs.

Deswegen hatte das Regenbogen-Team bereits im Vorfeld jeweils eine Unterschriftenpostkarte an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, an Familien-Ministerin Ute Schäfer sowie an die Landtagsabgeordneten und familienpolitischen Sprecher Wolfgang Jörg (SPD) und Andrea U. Asch (Grüne) geschickt. Bürgermeister Klaus Besser versprach, auch die von ihm entgegengenommenen 100 Unterschriftspostkarten nach Düsseldorf weiterzuleiten.

Durch die Einführung von KiBiz im Jahre 2008 sollte unter anderem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch flexiblere Kita-Öffnungszeiten sowie die Förderung und Bildung von Kindern ab dem Kleinstkinderalter insbesondere durch den Rechtsanspruch auf Kita-Plätze für Unter-dreiJährige verbessert werden.

Nach Ansicht der katholischen Kitas im Erzbistum Paderborn - zu denen auch die Kita Regenbogen gehört - , die gemeinsam die Protestaktionen unter dem Motto »Keine Scherereien: Mit Qualität Zukunft sichern!« in ihren jeweiligen Kommunen durchführen, ist bei der KiBiz-Einführung versäumt worden, die damit verbundene hohe Bildungs- und Betreuungsqualität sicherzustellen.

Gestiegen seien die Dokumentationspflichten der Erzieherteams sowie die an sie gerichteten Anforderungen und Erwartungen, jedoch nicht die finanzielle Ausstattung der Einrichtungen. "Allein die Personalkosten sind seit KiBiz-Einführung um 18 Prozent gestiegen", berichtete Hildegard Strakeljahn. Bereits zum zweiten Mal wird KiBiz in diesem Sommer deshalb schon überarbeitet.

Insbesondere kritisieren die katholischen Kitas, dass in dem aktuellen Revisionsentwurf keine deutlichere Erhöhung der Pro-Kind-Pauschalen als bisher 1,5 Prozent jährlich vorgesehen ist, durch die die Kitas ihre gesamten Personal- und Sachkosten finanzieren. "Deshalb fordern die Einrichtungen im Erzbistum, dass sich die Schere durch eine kostendeckende Anhebung der Pauschalen wieder schließen muss", so Hildegard Strakeljahn.

Klaus Besser zeigte Verständnis für diese Forderung. "Wir legen Wert auf eine gute Betreuung in unseren Kindergärten", betonte der Bürgermeister, der die Kinder zudem aufforderte, bei Wünschen, die über den Kita-Alltag hinausgehen, bei ihm im Rathaus vorbeizuschauen: "Wenn auf einem Spielplatz eine Rutsche fehlt oder ein Spielgerät kaputt ist, dann sagt mir Bescheid."


Versprechen bleibt: A 33 ist 2017 fertig

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Steinhagen (son).
Auch wenn in der Vergangenheit fast alle Termine zur Fertigstellung der A 33 nicht eingehalten werden konnten, Lothar Krämer, Leiter der Bauabteilung bei Straßen.NRW, ist sich sicher: "2017 ist die A 33 auf Steinhagener Gebiet fertig - ohne Wenn und Aber." Dem skeptischen Blick von Bürgermeister Klaus Besser begegnete er mit einem Augenzwinkern: "Man muss sich anspruchsvolle Ziele setzen."

Gestern trafen sich Vertreter der Gemeinde, verschiedener Interessengruppen und der Straßenverkehrsbehörde und der Polizei im Rathaus, um gemeinsam mit Lothar Krämer von Straßen.NRW den aktuellen Stand der Autobahn-Bauarbeiten zu besprechen. Krämers Einschätzung der aktuellen Situation: Die Brückenarbeiten insgesamt gehen gut voran, die Arbeiten am Upheider Weg sollen bis Pfingsten beendet sein.

Das Brückenbauwerk Pulverbachtal ist inzwischen fertiggestellt. Kran und Baucontainer wurden in den vergangenen Tagen abgebaut. Gute Nachrichten für genervte Spaziergänger im Brook: Im Zuge des Trassenbaus soll im September der neue Fuß- und Radweg unter der Brücke angelegt werden.

Die nächste heiße Phase beginnt im August, wenn die Erdarbeiten für die Trasse beginnen. In zwei Bauabschnitten soll die Autobahn dann bis Bielefeld fertig gestellt werden. Los geht es im Bereich Steinhagen zwischen dem Schnatweg und der Queller Straße. Die Fertigstellung hier ist für Ende 2016 geplant.Von dort aus beginnt, zunächst parallel, von Anfang 2015 an der zweite Bauabschnitt bis zum Ostwestfalen-Damm. Fertigstellung Mitte 2017. Erst danach ist die A 33 komplett von der A 2 bis zur Haller Ortsgrenze befahrbar.

Eine große Sorge der Anwesenden war gestern, wie die Lastwagen, die Boden und andere Materialien zur Baustelle bringen, die Trasse erreichen. Besonders der Schutz von Fußgängern, Radfahrern und Schulkindern stand für die Schulausschuss-Vorsitzende Sabine Godejohann im Vordergrund. Lothar Krämer machte deutlich, dass Straßen.NRW die Sorgen zwar ernst nähme, die Arbeiten aber nicht ohne eine Steigerung des Verkehrsaufkommens möglich seien. Um nicht nur einen Knotenpunkt zu haben, können die Lastwagen künftig an vier Stellen hinab zur Trasse fahren. Am Schnatweg, an der Bahnhofstraße, an der Bielefelder Straße und an der Queller Straße werde es Rampen geben.

Die beiden Bauabschnitte treffen am Ende unter der Brücke an der Queller Straße aufeinander. Und dort kommen auf die Steinhagener auch Verkehrsbehinderungen zu. Von einer Vollsperrung der K 31 während der Brückenbauarbeiten sieht Straßen.NRW zwar mittlerweile auf Bitten der Gemeinde ab, doch die 500 Meter lange Behelfsumfahrung kann nicht auf der gesamten Länge zweispurig werden. Die letzten 150 Meter muss eine Baustellen-Ampel den Verkehr regeln. Dort ist nur Platz für eine einspurige Fahrbahn. "Doch der Verkehr kann die ganze Zeit dauerhaft fließen", betont Lothar Krämer.

Zum Schluss des Runden Tisches informierte Lothar Krämer noch über den Lärmschutz, der an manchen Stellen bis zu sieben Meter hoch werden soll. Es wird an diesen Stellen eine Mischung aus Erdwall und darauf stehender Lärmschutzwand werden.

Die eigene Profession finden

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von jonas damme

Steinhagen.
»Übergangscoaching« nennt sich die Hilfestellung, die Schüler beim Wechsel von der Real- oder Hauptschule zur gymnasialen Oberstufe oder in eine Ausbildung bekommen. Dass die in Steinhagen gut funktioniert, zeigte sich nun gleich zwei Mal: Die Realschule bekam das Siegel »Berufswahl- und ausbildungsfreundliche Schule« verliehen. Außerdem war Übergangscoach Susan Grüner im Sozialausschuss zu Gast, um vom Erfolg ihrer Arbeit zu berichten.

Angemessene Ausbildungsberatung ist und bleibt an weiterführenden Schulen gleichermaßen wichtig. "Das entspricht dem klassischen Profil der Realschule", sagt Heinrich Lübbert, der mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Berufswahlunterstützung von Schülern hat.

Zwischen 10 und 20 Prozent der Steinhagener Realschüler wechseln nach der zehnten Klasse direkt in eine Ausbildung. Das seien zwar erheblich weniger als die, die das Abitur anstreben - die Quote liegt bei fast 50 Prozent - trotzdem sei es gerade hier wichtig Hilfestellung zu leisten.

Ab der siebten Klasse nehmen die Schüler deshalb jährlich an Praktika und anderen berufsvorbereitetenden Maßnahmen teil. "Die Schüler müssen praktische Erfahrung sammeln, weil sie vorher keine haben", erläutert Lübbert. "Heute wird ja wenig gebastelt und praktisch gearbeitet. Viele Schüler haben da Talente, ohne dass sie es wissen." Dieser starke Austausch zwischen Schule, Schülern und Betrieben führe aber auch dazu, dass die Betriebe sich Aspiranten schon ansehen könnten. "Manche Schüler bekommen deswegen bereits in der neunten Klasse, nach dem Betriebspraktikum, einen Ausbildungsplatz angeboten."

Die Bedeutung der engen Beziehungen zwischen lokalen Betrieben und Schulen hob auch Übergangscoach Susan Grüner im Sozialausschuss hervor. "In den letzten Jahren stellen wir fest, dass immer mehr Betriebe sich in den Schulen vorstellen wollen, weil sie Azubis suchen", sagt sie. Das liege vor allem daran, dass das Ansehen einer Ausbildung deutlich geringer sei als ein höherer Schulabschluss. "Am besten Abitur", sei eine sehr häufige Antwort, die Susan Grüner von Schülern auf die Frage nach ihren Bildungszielen bekomme.

Das Siegel, das die Realschule nun von der Peter-Gläsel-Stiftung entgegennahm, zeigt, dass die Bemühungen gewürdigt werden. Fast ein Jahr haben die Vorbereitungen dafür gedauert. Die Realschule musste schriftlich ihr Betreuungskonzept vorstellen, danach wurden Schüler, Lehrer und Eltern in Interviews befragt. "So wurde kontrolliert, ob wir unsere Ansätze auch wirklich umsetzen", erklärt Realschulleiter Frank Kahrau. Die Jury der Stiftung lobte besonders die enge Zusammenarbeit bei der Realschule zwischen Studienberatungslehrern, schulübergreifenden Übergangscoaches, der Agentur für Arbeit - die monatlich an die Schule kommt - und den Betrieben. Außerdem wurde die individuelle Betreuung hervorgehoben. "Unsere Schule ist im Vergleich noch relativ klein", erklärt Schulleiter Frank Kahrau. "Wir kennen alle unsere Kinder."

Auch Susan Grüner bestätigte im Sozialausschuss die Notwendigkeit individueller Förderung. "Manche Schüler muss man eng begleiten, damit sie etwas finden", sagt sie. Gleichzeitig sei es notwendig, die große Bandbreite an praktischen Angeboten aufrechtzuerhalten.

Deshalb empfahl sie, die zweiwöchigen »Werkstatttage«, die den Schülern Einblick in mehrere Berufsfelder ermöglichen sollen, auch in den kommenden Jahren weiter fortzuführen. Die Landesregierung plant gegenwärtig, diese Maßnahme zugunsten des reduzierten Projektes »Kein Abschluss ohne Anschluss« zu streichen.

"Wir müssen die A 33 als Chance begreifen"

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Steinhagen.
Die Tage werden lang zwei Wochen vor der Kommunalwahl. Alexander Alt sitzt zuhause am Esszimmertisch und deutet auf das aufgeklappte Labtop: Wenn der 37-jährige Diplom-Verwaltungswirt von seiner Arbeit im Sozialamt der Stadt Bielefeld nach Hause kommt, geht es hier weiter. E-Mails beantworten, Wahlkampftermine koordinieren und Reden vorbereiten. Jetzt hat HK-Redakteur Frank Jasper Platz genommen und schiebt das Aufnahmegerät zwischen Kaffeetasse und Gebäck.

Herr Alt, warum konnten sich FDP und CDU im Vorfeld der Wahl nicht auf einen gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten einigen? Dann hätten Sie mit viel mehr Schlagkraft gegen den Amtsinhaber antreten können.

ALexander Alt: Das hätten wir natürlich machen können, aber dazu braucht es nun mal zwei. Die CDU muss ihre Strategie selbst finden.

Man hat den Eindruck, dass das bürgerliche Lager zurzeit schwächelt.

Alt: Den Eindruck teile ich nicht. Aber ich gebe Ihnen recht - wir haben lange darauf gewartet, dass aus der großen Partei CDU mehr Initiativen kommen. Der drohende Ärztemangel ist ein Thema, das die CDU gesetzt hat. Aber die FDP hat ihre eigenen Themen, nachdem wir festgestellt haben, dass die CDU eine eigene Strategie verfolgt und sich bei den Haushaltsplanberatungen oft an den Kurs des Bürgermeisters angelehnt hat. Das war ja Harmonie pur. Grundsätzlich finde ich die sogenannte Lagerpolitik auf kommunaler Ebene eher hinderlich, hier geht es doch eher um Sachthemen, die den Ort angehen.

Kanal-TÜV und Mensa-Kosten etwa? Glauben Sie wirklich, mit diesen Themen können Sie bei den Bürgern im Wahlkampf punkten?

Alt: Die Mensa-Kosten habe ich ja als Mitglied des Schulausschusses angesprochen. Das ist für mich kein Wahlkampfgetöse. Bereits im September hatten wir Anhaltspunkte, dass die Kostengrenze von 3,8 Millionen Euro nicht eingehalten worden ist. Auf den Kanal-TÜV sind wir als FDP von besorgten Bürgern angesprochen worden. Noch haben wir die glückliche Situation in Steinhagen, dass wir keine Satzung haben. Das heißt: Momentan ist es nur in Wasserschutzgebieten Pflicht, den Kanal-TÜV durchzuführen. Aber Sie können davon ausgehen, dass der Rat nach der Wahl eine Satzung für Steinhagen erlassen wird. Dann ist der Personenkreis, der sich mit dem Thema befassen muss, ungleich größer. Ich mache mich stark dafür, dass es keine Satzung geben wird.

Ein Thema, das den Bürgern in Steinhagen unter den Nägeln brennt, ist die A 33. Ist die Autobahn Fluch oder Segen für den Ort?

Alt: Wir müssen die A 33 als Chance begreifen. Es gibt entlang der Trasse geeignete Flächen, um Gewerbe anzusiedeln. Allerdings macht uns der Landesentwicklungsplan da einen Strich durch die Rechnung. Darum müssen wir stärker auf interkommunale Zusammenarbeit setzen. Denn interkommunale Gewerbegebiete sind laut Landesentwicklungsplan weiterhin möglich. Dass sich Steinhagen beim Ravenna-Park, der direkt auf der Grenze zu Künsebeck entsteht, rausgehalten hat, war meiner Ansicht nach ein Fehler. Das wäre eine große Chance für Steinhagen gewesen. Wir müssen uns darum neue Möglichkeiten eröffnen. Da sollten wir auch Nachbarkommunen wie Bielefeld und Gütersloh im Blick haben, mit denen sich eine Zusammenarbeit anbieten könnte. Dass unser Ort durch die Autobahn zerschnitten wird, ist eine Realität, an der wir nichts mehr ändern können. Wenn wir jetzt die Hände in den Schoß legen und die Autobahn nur als Ärgernis wahrnehmen, bringt uns das nicht weiter.

Die Bemühungen, der Autobahn einen sagen wir mal aufgehübschten Ortskern entgegenzustellen, scheinen ins Stocken geraten zu sein. Was ist Ihre Vision für einen erneuerten Ortskern?

Alt: Als ich mit meiner Familie 2007 von Koblenz nach Steinhagen gezogen bin, musste ich den historischen Ortskern erst mal suchen. Wer hier den ganz großen Wurf erwartet, muss sich den Realitäten stellen. Die Zentren an der Mühlenstraße und rund um den Jibi-Markt wirken wie Magneten, die das Leben aus dem historischen Ortskern ziehen. Warum nicht einen WLan-Hotspot einrichten, um zum Beispiel junge Leute auf den Marktplatz zu locken. Natürlich müssen die Gewerbetreibenden in diesen Prozess eingebunden werden.

Was möchten Sie anders machen als Amtsinhaber Klaus Besser?

Alt: Ich sehe da vor allem ein Defizit, was die interkommunale Zusammenarbeit angeht. Das meine ich nicht nur bezogen auf die Ausweisung neuer Gewerbegebiete, wie eingangs erwähnt. Es geht zum Beispiel auch darum, Verwaltungsaufgaben zu zentralisieren und Aufgaben zu bündeln. Denn wir müssen davon ausgehen, dass die Bevölkerungszahl sinken wird. Hier gilt es schon jetzt, zusammen mit anderen Kommunen die Weichen zu stellen.

Das heißt, Sie möchten die Steinhagener Verwaltung zusammenstreichen?

Alt: Man muss natürlich darauf achten, dass die Bürger trotzdem Ansprechpartner vor Ort haben. Aber gewisse Arbeitsschritte, bei denen der Bürger nicht dabei ist, die kann man natürlich zentralisieren. Es geht nicht darum, Personal zu reduzieren. Aber wir müssen jetzt die Voraussetzungen schaffen, um die Verwaltung auf anstehende Herausforderungen vorzubereiten. Es ist doch logisch, dass bei einer schrumpfenden Bevölkerung auch die Verwaltung schrumpft. Trotzdem will man doch die gleiche Qualität bieten. Um das zu gewährleisten, bietet sich eine Zusammenarbeit mit anderen Kommunen auf jeden Fall an.

Wo sehen Sie weitere Defizite?

Alt: Ganz klar in der Sauberkeit in

Steinhagen.
Das fällt mir immer wieder auf unseren Spielplätzen auf. Verunreinigung durch Hundekot und Schmierereien wie Graffiti überall. Das ist übrigens auch ein Punkt, der von vielen Bürgern an mich herangetragen wird. Gehen Sie nur mal die Waldbadstraße entlang. Da finden Sie keine 200 Meter, an denen keine Verunreinigungen sind. Da muss die Verwaltung tätig werden.

Wie?

Alt: Wir brauchen eine stärkere Präsenz der Polizei und des Ordnungsamtes. Aber, was meiner Ansicht nach noch viel wirkungsvoller ist: Die Verunreinigungen müssten sofort beseitigt werden. Denn eine Schmiererei zieht die nächste an. In anderen Kommunen hat man das Problem damit in den Griff bekommen.

Die FDP profiliert sich gern als Kostensparer. Gleichzeitig fordert sie jetzt Steuersenkungen. Wie passt das zusammen?

Alt: Wir vertreten die Ansicht, dass der Bürger besser weiß, was er mit seinem Geld anfangen soll und vor allem Gewerbetreibende frei darüber verfügen sollten und vielleicht sogar neue Arbeitsplätze schaffen. Der Staat ist kein guter Wirtschafter. Wenn wir die Hebesätze senken, werden wir weniger einnehmen, das ist klar. Damit sind wir stärker in der Pflicht, unserer Ausgabendisziplin beizubehalten. Wir haben in Steinhagen zwar eine hervorragende Steuersituation, so dass wir unsere Ausgleichsrücklage weiter aufstocken können. Wenn man viel hat, besteht allerdings immer die Gefahr, dass man vorschnell zu viel ausgibt. Steinhagen hat schließlich immer noch eine hohe Verschuldung, auch wenn wir die nach und nach abbauen. Außerdem gilt: Wer in neue Projekte investiert, muss auch die Folgekosten beachten. Und es wird Jahre geben, in denen wir auf unsere Ausgleichsrücklage zurückgreifen müssen.

Was hat Sie in der Lokalpolitik zuletzt am meisten geärgert?

Alt: Ich sage mal, was mich gestört hat: Das sind die vielen Projekte, die wir in Steinhagen haben, die angestoßen werden und dann nie auslaufen. Das Windelgeld ist so eine Sache, das Projekt »Jung kauft Alt« ein anderes. Wir haben immer wieder Einsparvorschläge gemacht, um den Einstieg vom Ausstieg vorzubereiten und so Geld einzusparen. Leider gab es dafür keine Mehrheit.

Das sind sehr kleine Haushaltsposten, die Sie da ansprechen. Die FDP wirkt vor diesem Hintergrund oft pingelig. Ist das nicht nur Symbolpolitik?

Alt: Wir fangen beim Kleinen an, bevor wir beim Großen ansetzen. Denn wenn wir es nicht mal im Kleinen hinkriegen, brauchen wir beim Großen erst gar nicht anzufangen. Darum habe ich schon vor zwei Jahren beantragt, den Zuschuss über 2000 Euro für die Nordwestdeutsche Philharmonie zu streichen. Davon wäre das Orchester nicht pleitegegangen.

Steinhagen aber auch nicht.

Alt: Aber wir müssen doch mal irgendwo anfangen. Beim Programm »Jung kauft Alt« geht es im Übrigen durchaus um größere Summen. Wir haben eine gute Finanzsituation, aber darauf dürfen wir uns doch nicht ausruhen. In ein paar Jahren kann das schon ganz anders aussehen, sollten die Gewerbesteuereinnahmen einmal wegbrechen. Denn Steinhagen ist sehr abhängig vom Gewerbe.

Sie sind erst 2007 nach Steinhagen gekommen. Was hat Sie bewogen, jetzt hier als Bürgermeister zu kandidieren?

Alt: Ich wurde hier super aufgenommen - in der FDP und in

Steinhagen.
Dabei sagt man den Ostwestfalen immer nach, dass sie stur seien. Bevor ich überhaupt in der Gemeinde etwas gemacht habe, bin ich für die FDP auf Kreisebene als sachkundiger Bürger in den Sozialausschuss und später in den Jugendhilfeausschuss und in den neu gegründeten Arbeitsmarktausschuss gegangen. In den zurückliegenden Jahren habe ich mich in der FDP recht gut vernetzt und bin jetzt stellvertretender Kreisvorsitzender. Hans Matthieu hatte bereits 2009 angekündigt, dass er nur die halbe Wahlperiode für die FDP im Steinhagener Gemeinderat macht und so bin ich für ihn nachgerückt. Jetzt freue ich mich, als Bürgermeisterkandidat für meinen Ort anzutreten und damit den Bürgern überhaupt erst eine Wahlmöglichkeit zu bieten.

"Es gibt noch unendlich viel zu tun"

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Steinhagen.
Sollte Klaus Besser am 25. Mai als Bürgermeister wiedergewählt werden, feiert er im Herbst sein »20-Jähriges« auf dem Chefsessel. Doch noch ist es nicht so weit, ein paar Tage Wahlkampf liegen noch vor dem 54-Jährigen. Im Gespräch mit den HK-Redakteuren Sonja Faulhaber und Frank Jasper spricht Klaus Besser über seine bisherige Arbeit, seine Ziele für die nächsten sechs Jahre und warum er sich besonders für sozial schwache Familien einsetzt.

Herr Besser, Ihr Wahlkampf am Grill läuft schon einige Wochen. Wie viele Würste haben Sie denn bisher gewendet?

Klaus Besser: Wir haben allein bei den ersten sieben Events mehr als 1500 Würstchen gegrillt. Und ich rechne beim Abschluss am Spielplatz Brückhof noch einmal mit vielen Besuchern.

Grillen liebt jeder. Aber bei Ihnen drehen sich im Holzkohlerauch die Gespräche ja weniger um den perfekten Bräunungsgrad als vielmehr um Lokalpolitik. Was brennt den Steinhagenern unter den Nägeln?

Besser: Das sind ganz unterschiedliche Themen, die die Bürgerinnen und Bürger da ansprechen. Das sind Dinge aus dem Schulbereich, baurechtliche Fragen oder einfach mal ein Problem mit dem Müll. Die Gelegenheit wird genutzt, alle Themen, die bewegen, dort anzusprechen.

Bleiben wir mal beim Thema Schule. Die Sekundarschule ist für die SPD noch nicht vom Tisch?

Besser: Für uns ist am Ende der Elternwille entscheidend. Das muss man akzeptieren, aber man muss ihn auch erst einmal erfragen. Vor allem müssen wir offen sein für Veränderungen, wenn die Eltern es wünschen. Daher muss man aus meiner Sicht schon die Grundschuleltern befragen, um zu sehen: Gibt es Wünsche in Richtung Sekundarschule, Gesamtschule oder Beibehaltung der Realschule. Deshalb wollen wir jährlich nachfragen.

Vermutlich ist die Autobahn das zweites große Thema beim Grillen?

Besser: Eigentlich weniger. Da geht es eher um pragmatische Fragen: Wann wird der Upheider Weg wieder aufgemacht oder wie hoch ist der Lärmschutzwall am Baugebiet Diekmann.

Wie ist denn die Stimmung beim Thema »A 33«? Haben die Steinhagener sich damit abgefunden?

Besser: Bei vielen ist die Stimmung nach wie vor kritisch. Aber gut, die Entscheidung ist im September 1968 getroffen worden. An der Trasse können wir einfach nichts mehr ändern.

Straßen.NRW verspricht: 2017 rollt der Verkehr. Sie glauben nicht daran?

Besser: Nun ja, beim ersten Spatenstich 2009 wurde 2013 als Fertigstellungstermin verkündet. Das liegt lange hinter uns. Nun soll es 2017 werden. Ich bin da sehr skeptisch, aber wir warten es einfach mal ab - immerhin sieht man ja, dass es vorangeht. Auch wenn man an den meisten Stellen dem Bauzeitenplan hinterherhinkt.

Freuen Sie sich über jeden Monat, den die Arbeiten länger dauern? Immerhin lässt auch der Autobahn-Lärm dadurch auf sich warten?

Besser: Nein, ganz im Gegenteil. Aus meiner Sicht wäre es für die Steinhagener wesentlich schöner, wenn die Bauzeit möglichst kurz wäre. Jeder Monat Bauzeit führt zu einer größeren Belastung für die Bürger.

Falls Sie wiedergewählt werden, welche Projekte packen Sie in der nächsten Legislaturperiode an?

Besser: Da gibt es für den Bürgermeister unendlich viel zu tun. Es gilt zum Beispiel das Familienaudit umzusetzen. Wir sind zwar schon familienfreundlich, aber der Rat hat uns für die kommenden drei Jahre viele Ziele gesetzt, um noch familienfreundlicher zu werden. Außerdem gilt es, das Klimaschutzkonzept umzusetzen. Zum Dritten gibt es eine Menge zu tun im Bereich der Gemeindeentwicklung. Ich erinnere zum Beispiel an die Ortskernsanierung, da sind wir mittendrin.

Mittendrin? Da hat man eher das Gefühl, es stockt.

Besser: Nein, wir haben Bindungsfristen in Bezug auf die Landesmittel. Die Umsetzungsphase war immer angedacht bis 2019 und fällt damit komplett in die nächste Legislaturperiode. Außerdem passiert demnächst wieder etwas: Der Park um den Dorfteich herum soll im Herbst gebaut werden und als Nächstes steht dann der Bereich rund um die Kirche an. Da laufen zurzeit die Untersuchungen, was unter der Erde los ist. Wir wollen feststellen, wie die Kanäle und anderen Versorgungsleitungen aussehen. Und danach geht es mit dem Marktplatz weiter.

Noch mal zurück zur Kirche. Wie geht es mit dem Pflaster weiter?

Besser: Man muss sich von der Vorstellung lösen, dass man den Blaubasalt so drinlassen kann. Er muss komplett hochge-nommen werden, um an die darunter verlaufenden Versorgungsleitungen zu kommen. Doch es ist politischer Wille, dass der Blaubasalt wieder verwendet wird. Er ist viel zu schade und zu wertvoll, um ihn nicht wieder zu verwenden. Den kenne ich schon aus Kindheitstagen. Auf dem Basalt bin ich schon mit dem Mofa drübergefahren. Und außerdem ist er typisch für unseren Ortskern.

Was ist in der letzten Wahlperiode nicht so gut gelaufen?

Besser: Tja ... (kurze Pause) Es ist uns nicht gelungen, die Eltern zu überzeugen, dass die Sekundarschule eine Chance gewesen wäre. Sie hätte bei ähnlichen Schülerzahlen deutlich mehr Lehrkräfte gebracht.

Von Ihrem Herausforderer Alexander Alt wird oft bemängelt, dass der Dialog mit den Nachbarkommunen nicht gut funktioniert. Beispiel »Gesamtschule Halle«. Da hatte man das Gefühl, dass die Kommunen sich nicht absprechen. Täuscht dieser Eindruck?

Besser: Ich glaube, das ist an dieser Stelle weniger mir vorzuwerfen, sondern eher der Kommune, die jetzt unbedingt eine Gesamtschule durchsetzen möchte. Ansonsten ist die Zusammenarbeit sehr intensiv zwischen den Kommunen im Kreis Gütersloh. Sei es im Bereich Wirtschaftsförderung oder Tourismus. Und auch bei den Schulfragen, wenn ich zum Beispiel an die Diskussion über Inklusion und Förderschule denke. Oder bei der Abfallbeseitigung und bei der Volkshochschule - da gibt es eine Vielzahl von Kooperationen. Aber natürlich muss man auch die Interessen seiner Gemeinde vertreten, wenn eine Nachbarkommune versucht, ihre eigenen Interessen durchzusetzen, ohne mal den Blick über den Tellerrand zu wagen.

Gibt es im Bereich Wirtschaft Bestrebungen, mit Nachbarkommunen zusammenzuarbeiten - zum Beispiel bei interkommunalen Gewerbegebieten?

Besser: Steinhagen wäre dazu durchaus bereit. Das ist bisher aber daran gescheitert, dass von der Bezirksregierung keine zusätzlichen Flächenpotenziale zugestanden worden sind. Wir müssten Potenziale nachweisen, die wir im eigenen Gemeindegebiet nicht realisiert bekommen. Steinhagen hat jedoch genug Gewerbeflächen. Daher war eine Beteiligung zum Beispiel am Ravenna-Park nicht möglich. Wir haben in Steinhagen sogar Überschüsse. Deswegen die Rücknahme von einem Hektar Gewerbefläche im Gebiet Detert an der Bahnhofstraße.

Wenn Sie wiedergewählt werden, welche Projekte möchten Sie auf jeden Fall verwirklicht sehen?

Besser: Wir müssen die Familien in Steinhagen weiter im Blick haben. Und wir müssen für junge Familien ein attraktiver Wohnstandort bleiben. Was mir persönlich wichtig ist: sozial Schwächere dabei nicht zu vergessen. Bildung und Erziehung dürfen nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Jedes Kind verdient die gleichen Chancen in dieser Gemeinde. Sei es in der Kindertagesstätte, in der Schule oder beim Freizeitangebot. Da gibt es nach wie vor eine Menge zu tun. Das ist ganz wichtig für mich - hängt vielleicht auch mit meiner eigenen Sozialisation zusammen. Ich komme aus einem einfachen Arbeiter-Elternhaus, bin in bescheidenen Verhältnissen groß geworden. Ich weiß wie es ist, wenn man kein Geld hat und einem Kind manchen Wunsch nicht erfüllen kann.

Wie kann die Gemeinde da eingreifen?

Besser: Da gibt es viele Möglichkeiten: Zum Beispiel dieses schöne Projekt »Jedem Kind ein Hobby«. Das hat dazu geführt, dass einzelne Kinder in den Vereinen geblieben sind. Wir müssen aber auch darauf achten, dass ein Hobby zum Beispiel nicht daran scheitert, dass Geld für Turnschuhe oder einen Badeanzug fehlt.

Wie viel Prozent der Wählerstimmen wollen Sie am 25. Mai einfangen?

Besser: Da habe ich keine Zahl im Kopf. Mein Ziel ist es, wiedergewählt zu werden. In den vergangenen 19 Jahren habe ich mich aber bei jeder Wahl etwas steigern können. 1999 waren es 59 Prozent, 2004 waren es 65 Prozent und 2009 waren es 74 Prozent. Wenn man das noch einmal steigern könnte, wäre es schön, aber am Ende reichen 50 Prozent plus eine Stimme, um für sechs Jahre wiedergewählt zu werden.

Am Ende der nächsten Legislaturperiode, 2020, werden Sie wie alt sein?

Besser: Ostersonntag 2020 werde ich 60 Jahre alt.

Würden Sie dann noch einmal antreten wollen oder soll Ina Bolte als Ihre Nachfolgerin aufgebaut werden?

Besser: Ich halte Ina Bolte für eine sehr fähige und geeignete Person, aber diese Frage stellt sich im Moment nicht. Ob ich noch einmal antrete, weiß ich jetzt noch nicht. Ich plane immer nur von Wahlperiode zu Wahlperiode. Die Frage entscheide ich kurz nach meinem 60. Geburtstag.

Praktikum mit Pfiff

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Steinhagen (howi).
Als Achtklässlerin war Irem Cömert im vergangenen Jahr noch als Besucherin auf der Praktikumsmesse der Realschule Steinhagen unterwegs. Hier lernte sie Sabrina Henneke von der Kreissparkasse Halle kennen und bewarb sich bei ihr. Gestern nun präsentierte die Neuntklässlerin den jüngeren Schülern selbst Erfahrungen aus ihrem Berufspraktikum als Bankkauffrau.

"So etwas kann man nicht planen. Das entsteht erst durch persönliche Kontakte", erklärte Berufswahlkoordinatorin Kirsten Siebert anhand dieser Erfolgsgeschichte die Vorteile der mittlerweile zum vierten Mal veranstalteten Messe. "Wenn ich jemanden bei so einer Gelegenheit schon mal zwanglos kennengelernt habe, ist das natürlich bei der Durchsicht der Bewerbungsmappe im Hinterkopf", pflichtete Henneke bei, die ebenfalls wieder im Foyer der Realschule unterwegs war. Insgesamt verzeichnete Siebert ein zunehmend steigendes Interesse der Unternehmen an der Veranstaltung, bei der die 86 Schüler aller neunten Klassen lebhaft von ihren Praktika berichteten. Neben Unternehmensvertretern und Eltern informierten sich gerade die jüngeren Schuljahrgänge an den 24 nach Branchen unterteilten Messeständen über die Berufe. Damit diese Berichte nicht bloß graue Theorie blieben, hatten die Nachwuchskräfte typische Arbeitsgeräte oder Werkstücke zur praktischen Veranschaulichung mitgebracht. So wurde am Stand von Dorothea Balten, Antonia Niemeier und Nicole Kraus, die die Berufe der Zahnarzthelferin und der Tiermedizinischen Fachangestellten präsentierten, beispielsweise das korrekte Setzen einer Spritze an einem Schaumstoffball demonstriert. Wie Irem Cömert war auch Antonia Niemeier im vergangenen Jahr durch die Berichte der älteren Schüler auf den Beruf der Zahnarzthelferin aufmerksam geworden und kann sich nach absolviertem Praktikum nun vorstellen, diesen zukünftig zu erlernen.

Denn dass es nicht beim Schulpraktikum bleiben muss, zeigen die aktuellen Erfahrungen. Neben einigen Vorstellungsgesprächen sprangen für vier Schüler im Anschluss ihres Praktikums konkrete Ausbildungsangebote heraus.

Den Originalen ganz nah

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Steinhagen (anke).
Frachter, Rennboote, Segelschiffe und U-Boote - es gab fast kein Wasserfahrzeug, das bei der 13. Waldbadregatta am Sonntag nicht zu sehen gewesen wäre. Für Modellbauer, aber auch für Kinder war der Aktionstag der Kinder-Jugend-Kulturinitiative Steinhagen eine wahre Augenweide.

Der Sonntag, der gleichzeitig den Auftakt der Badesaison im Waldbad markierte, war wie gemacht für den alljährlich wiederkehrenden Aktionstag der KiJuKu

Steinhagen.
Bei fantastischem Wetter ließen die Modellbauer aus Gütersloher, Detmolder oder Bielefelder Vereinen ihre originalgetreuen Modelle nur zu gerne zu Wasser, um sie zu präsentieren. Für Faszination sorgten vor allem die vielen beweglichen oder akustischen Details, mit denen die Modelle ausgestattet waren: Da gab es Rettungsboote, die ins Wasser gelassen werden konnten, rudernde Indianer oder Schiffshupen, die leise vor sich hin tuteten.

Die Vielfalt der Boote, Schiffe, Segler, Flöße, Kanus und U-Boote war groß. "Sogar ein Schiff aus dem Ersten Weltkrieg ist dabei", sagte Cheforganisator Erich Wehmeyer von der KiJuKu

Steinhagen.
Wer glaubt, die meist im Maßstab 1:20 gebauten Schiffe seien zusammengesetzte Modelle aus dem Baukasten, musste sich eines Besseren belehren lassen. "Sie sind ihren Vorbildern akribisch nachempfunden", berichtete Jasmin Flöter vom Modellclub Nautilus Gütersloh. Dazu besuchen die Schiffsbauer die Originale, durchstöbern das ganze Schiff und fotografieren jedes Detail. Damit sich jede Kleinigkeit auch im Modell wiederfindet. "Man kann seinem Schiff aber auch eine ganz persönliche Note geben", so Flöter.

Die Besucher konnten verschiedene Typen im Wasser beobachten, wie den Hafenschlepper W. Th. Stratmann von Rudolf Brinkmann, der seit 55 Jahren Modellschiffe baut. Das Großmodell wiegt 40 Kilogramm, ist 1,40 Meter lang und in ihm stecken rund 3000 Arbeitsstunden. Die Kinder hatten die Gelegenheit, einen Bootsführerschein zu machen und lernten, mit der Fernbedienung in der Hand die Schiffe über das Wasser zu manövrieren. Wer sich in der heimischen Badewanne als Kapitän versuchen wollte, der konnte mit den Steinhagener Pfadfindern eigene Modelle aus Schaumstoff bauen. Der Kreativität waren hierbei keine Grenzen gesetzt.

Schließlich konnten die jungen Gäste an Wettbewerben teilnehmen. Es galt, Sandburgen zu bauen, Gold zu waschen oder schlicht zu malen. Kurz vor Veranstaltungsschluss wurden die besten Schiffe und Sandburgen prämiert. Die Bilder werden demnächst in der Eisdiele Smile ausgestellt werden und später prämiert.

Patthorst, Pferdestärken und Plattdeutsches

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Von Edwin Rekate

Steinhagen-Brockhagen. Das Patthorster Schloss im strahlenden Sonnenschein, rassige Pferde, leistungsstarke Traktorenboliden und die herrliche Landschaft haben am Sonntag über 150 Teilnehmern der »9. pro Wirtschaft GT Rundwanderung« viele schöne Eindrücke geboten.

Bevor der kräftigende Imbiss inklusive eines kurzweiligen plattdeutschen Entertainments auf Hof Ordelheide alle erquickte, gab es auf dem Parcours einiges über die traditionsreiche Lokalgeschichte und den rasanten Fortschritt in der Landmaschinentechnologie zu erfahren.

"Wir haben heute so viele Leute wie noch nie", begrüßte Geschäftsführer Albrecht Pförtner von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Gütersloh die aus allen Himmelsrichtungen herbeigeströmten Wanderer auf dem Hof von Renate und Wilken Ordelheide, der zugleich Start- und Zielpunkt markierte. Hartmut Lüker vom Teutoburger-Wald-Verein hatte die exakt 11,9 Kilometer lange Strecke, die einen Höhenunterschied von insgesamt 42 Meter aufweist, mit dem Teuto-Navigator per Computer ausgetüftelt.

Bevor die erste Etappe zur »Claas Academy« am benachbarten Hof von Henning Kienker eingeläutet wurde, erinnerte Bürgermeister Klaus Besser scherzhaft an die Teilung der Bauernschaft Sandforth. "Einige sagen immer noch, es sei der letzte geteilte Teil Deutschlands. Ein Teil von Sandforth liegt auf Steinhagener, ein anderer auf Haller Gebiet. Das ist seit der Gebietsreform von 1973 so". Dann widmete sich Besser dem Thema der Sicherstellung der kommunalen Wasserversorgung und wies auf die Funktion der zahlreichen grünen Brunnenhäuschen hin, die sich in der Patthorst befinden.

Nach ein paar Schritten befand sich die Gruppe im 1600 Quadratmeter großen Traktorenschulungszentrum der Claas-Vertriebsgesellschaft an der Sandforther Straße 80. Diplom-Agraringenieur Wilfried Vorhoff kletterte auf einen Xerion 4000 mit 400 PS, der über einen sehr direkten Zapfwellendurchtrieb verfügt. "Dies ist ein schwerer Ackerschlepper und gleichzeitig ein umrüstbares Systemfahrzeug für unterschiedlichste Anwendungen", erläuterte der Schulungsleiter nach einem »Schweinsgalopp« durch die Aktivitäten, Zahlen und Zukunftspläne der Firma Claas.

Vorhoff präzisierte die vielfältigen Xerion-Einsatzmöglichkeiten und erklärte, dass durch das Mehr an Kraft die Gülle direkt in den geöffneten Boden injiziert werden kann. "Diese Fahrzeuge wurden gerade dafür konzipiert, dass es nicht so stinkt", hob der Fachmann hervor.

Nach einem längeren Fußmarsch bei ausgezeichneter Fernsicht genossen die Wanderer das »Rosamunde-Pilcher-Idyll« auf Schloss Patthorst, von dem Damaris Phelan so fasziniert schwärmt. Auf der Freitreppe erwartete Dirk Freiherr von Eller-Eberstein die wandernden Gäste, referierte anschließend über den Stammbaum seiner Familie und über die Architekturgeschichte des 1438 von Wilhelm von Closter errichteten Gutshofs. Er machte die Besucher mit einigen Details der verschiedenen Bauabschnitte des Anwesens vertraut, das sich heute im eleganten Gewand von 1782 mit einem Saalanbau aus dem Jahre 1860 präsentiert.

Seine Ehefrau, Christiane Freifrau von Eller-Eberstein, präzisierte die Historie des 338 Hektar großen Familienbetriebs, der insgesamt 280 Hektar Wald bewirtschaftet. Sie zitierte einen Zeitungsartikel von 1802, der über den Erlös einer Eiche aus dem Patthorster Forst berichtete. "Der geschlagene Baum hatte einen Durchmesser von drei Metern, war 5,4 Meter lang und hatte ein Alter von 312 Jahren. Die gezahlte Summe betrug damals 360 Mark". Heute würde so ein Stamm bei einem vorsichtig geschätzten Festmeterpreis von 150 Euro mit rund 5700 Euro zu Buche schlagen.

Nach der Rückkehr entfalteten Gulaschsuppe und Bratwürstchen auf bereitgestellten Tischen ihre aromatischen Düfte, dazu erzählte Wilken Ordelheide Dönekes. Und er weiß auch, wie man eine ausgebüxte Kuh vom Strohboden herunterholen kann. »Blindeuken« lautet der plattdeutsche Begriff, der vor einigen Jahren auf seiner Tenne zur praktischen Anwendung kam.

Denn nur mit verbundenen Augen kraxelte das Rindvieh die schiefe Ebene aus angestapeltem Heu herunter, die es zuvor ganz ohne Angst und Scheuklappen emporgestiegen war. Die Spuren, wo die Klauen den Holzboden der heutigen Kulturscheune durchbrachen, liefern noch heute den Beweis für diesen aufregenden Abstiegskampf.


Bombenwetter lockt die ersten Schwimmer

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Steinhagen (son).
Schwimmmeister Ralf Aldenhoff steht am Rand des tiefen Beckens und lässt seinen Blick über die Schwimmer schweifen. Für Mitte Mai ist es voll im Waldbad. Besonders ab 16 Uhr strömen die Kinder auf die Wiesen und an den Strand, um sich von dort aus im kühlen Nass zu erfrischen.

Kühl ist es allerdings wirklich - das Wasser des Waldbades. Gespeist von Bachwasser kommt es trotz strahlendem Sonnenschein gestern gerade einmal auf 18 Grad Celsius. Am Sonntag zur Eröffnung waren es noch 14 Grad. Doch der Sonnenschein der vergangenen 48 Stunden hat seinen Beitrag geleistet, und nun empfinden die vielen Schwimmer es nur noch als erfrischend.

Drei von ihnen - Alexander, Aaron und Fynn - lassen es sich trotzdem nicht nehmen, bei Schwimmmeister Ralf Aldenhoff nachzufragen. 18 Grad? "Geht das nicht wärmer?" "Nee", antwortet Aldenhoff lachend. "Aber jetzt stellt euch mal die Gesichter eurer Eltern vor, wenn ihr denen erzählt, ihr ward in so kaltem Wasser. Da sind die sicher beeindruckt."

Auch die übrigen Gäste ließen sich von der Wassertemperatur nicht abschrecken. Vielmehr sind es die mehrfach prämierte Wasserqualität, der Strand mit Volleyballanlage im flachen Wasser und die gepflegten Rasenflächen, die die Besucher jedes Mal wieder aufs Neue ins Waldbad locken. Und das vor allem bei einem solchen Bombenwetter. "Wenn die Saison so anfängt, dann kann ich nur hoffen, dass es genau so bleibt", blickt Ralf Aldenhoff optimistisch auf die kommenden Monate.

Ab sofort ist das Waldbad täglich bei Lufttemperaturen über 20 Grad geöffnet. Montags bis freitags jeweils von 13 bis 19 Uhr, am Wochenende und an Feiertagen von 10 bis 19 Uhr.

Tiefstapeln ist nicht sein Ding

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Von Uwe Pollmeier

Steinhagen-Brockhagen. Während sich die deutsche Fußballnationalmannschaft zwecks Turniervorbereitung in einem Südtiroler Fünf-Sterne-Hotel eingenistet hat, zeigt der im Brockhagener Hörmann-Werk arbeitende Oleg Schmidt, wie man auch ohne Trainingslager Titel gewinnen kann. Obwohl der 51-Jährige schon seit fünf Jahren an seinem Arbeitsplatz keinen Gabelstapler mehr fährt, hat er nun die Regionalmeisterschaft der Gabelstaplerfahrer gewonnen und sich somit das Ticket für die deutsche Meisterschaft gesichert.

Man stelle sich vor, Formel1-Weltmeister Sebastian Vettel würde zwischen den Rennen nur Fahrrad fahren - so ähnlich muss sich Oleg Schmidt fühlen. Der in Rheda lebende Hörmann-Mitarbeiter nimmt seit 2003 regelmäßig an Meisterschaften für Gabelstaplerfahrer teil, obwohl er bereits seit rund fünf Jahren in einem Unternehmensbereich arbeitet, wo er mit Gabelstaplern gar nichts zu tun hat.

Schmidt hat sich nun in Ladbergen (Kreis Steinfurt) gegen 66 Gabelstaplerprofis aus der Region durchgesetzt und sich, wie schon im vergangenen Jahr, den Titel gesichert. Damit hat der 51-Jährige nun auch die Berechtigung, vom 18. bis zum 20. September bei der deutschen Staplerfahrermeisterschaft und somit möglicherweise direkt auch für die parallel dort stattfindende Weltmeisterschaft in Aschaffenburg zu starten. Die drei besten deutschen Teilnehmer erhalten direkt das WM-Ticket.

Schmidt hatte die Stapelgabel das entscheidende Quäntchen besser im Griff als die Konkurrenten Thomas Kottig aus Gronau (Student) und Andrey Just aus Lippstadt (Nobilia, Verl), die sich mit den Plätzen zwei und drei begnügen mussten. Damit wiederholte Schmidt seinen Erfolg aus dem Vorjahr. "Man benötigt viel Ruhe und Fingerspitzengefühl", verrät Schmidt sein Erfolgsrezept und meisterte die unterschiedlichen, aus dem Arbeitsalltag abgeleiteten Parcoursaufgaben vor rund 300 Zuschauern am besten. Teil des Wettbewerbs war außerdem eine theoretische Prüfung, in der es um Sicherheitsfragen im Arbeitsalltag ging.

Für die Meisterschaft hofft Schmidt, dass es besser läuft als im Vorjahr. Da schied er in der Vorrunde aus.

Eröffnung für Oktober geplant

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Von Uwe Pollmeier

Steinhagen.
Am neuen Ärztehaus an der Bahnhofstraße tut sich in diesen Tagen einiges. Einer von insgesamt fünf für die Gemeinschaftspraxis vorgesehenen Ärzten hat bereits die Verträge unterzeichnet, ein weiterer hat bereits fest zugesagt. "Mit dem Allgemeinmediziner Dr. Burkhard Hirsch aus Bielefeld steht schon der erste Arzt fest", bestätigt Planer Lutz Heitland.

Die Eröffnung der Praxis im Erdgeschoss solle, so Heitland, am 1. Oktober erfolgen. Sie werde sich über eine Fläche von 380 Quadratmetern er-strecken. Eine Größenordnung die, so Heitland, den modernen Anforderungen entspräche. Das Konzept der Gemeinschaftspraxis ist für den Apotheker das einzig zukunftsfähige Modell. "Für Einzelpraxen finden sich doch keine Nachfolger mehr. Das liegt vor allem daran, dass eine fachübergreifende Gemeinschaftspraxis bis zu 30 Prozent mehr Gewinn bringt."

Es sei höchste Zeit, komplett neue Strukturen zu schaffen. Rund die Hälfte der Hausärzte im Kreis Gütersloh sei über 60 Jahre alt und höre bald auf. Allein in Steinhagen gingen in den nächsten drei Jahren fünf Mediziner in Rente. Man müsse jetzt gegenlenken. Denn wo es keine Ärzte gibt, gibt es auch keine Verschreibungen. Und diese fehlenden Rezepteinlösungen seien wiederum für ihn als Inhaber der Mühlen-Apotheke, die am jetzigen Standort bleibt und nicht in das Ärztehaus umzieht, unerfreulich.

Eine ursprünglich geplante Umsiedelung des benachbarten Feinkostgeschäfts Vino Tessa in das Ladenlokal im Erdgeschoss des neuen Ärztehauses ist längst vom Tisch. Wer also zukünftig die freie Fläche neben der Arztpraxis nutzen wird, ist derzeit noch unklar.

"Ich gehe voll ins Risiko bei der Geschichte", sagt Heitland und ist sich dessen bewusst, dass die Ansiedelung von Ärzten in der heutigen Zeit alles andere als ein Selbstläufer ist. Praxen einzeln zu verkaufen sei wertlos. Man müsse eher Praxen, deren Betreiber aufhören, aufkaufen und in das Gemeinschaftskonzept integrieren.

Spätestens zum Jahresende sollen die acht Seniorenwohnungen bezugsfertig sein. "Wir peilen Ende November oder Anfang Dezember an", sagt Heitland. Die Nachfrage nach den acht Wohnungen sei reisig gewesen. "Die hätten wir 20 mal verkaufen oder vermieten können", sagt Heitland. Als Investor von jeweils vier Wohnungen treten hier Heitland und der benachbarte Orthopäde Dr. Stefan Sälzer in Erscheinung.

Dass gerade in der Region ein Mangel an Ärzten vorherrscht, sieht Heitland nicht zuletzt in der fehlenden medizinischen Fakultät an den Hochschulen in OWL begründet. "Es kommt doch aus Münster niemand hierhin", sagt Heitland. Für die Landesregierung höre NRW wohl am Rande des östlichen Ruhrgebiets auf. Man sehe daher keine Notwendigkeit, ein Medizinstudium auch an der Universität Bielefeld anzubieten. Den Zug dafür sieht Heitland angesichts der bisherigen Ergebnisse der seit rund drei Jahren intensiv geäußerten Idee als abgefahren.

Problematisch sei es auch, dass sich das Geschlechterverhältnis bei den Medizinstudenten komplett gedreht hat. "Arzt ist ein Frauenberuf geworden", sagt Heitland. Junge Frauen schnitten in der Schule besser ab und könnten somit schneller die Anforderungen des Numerus clausus erfüllen. Allerdings seien sie oft aufgrund von Familienplanungen auch schneller wieder ganz oder teilweise aus dem Beruf raus.

Den gegenwärtigen Missständen entgegenzuwirken - dafür sei es jetzt fast schon zu spät. "Die Grundausbildung eines Mediziners dauert sechs Jahre, hinzu kommt eine vier- bis fünfjährige Fachausbildung", sagt Heitland. Dann werde das Problem wohl so groß sein, dass es kaum noch zu lösen sei. Er wolle diesem Trend mit seiner Investition zumindest in Steinhagen entgegenwirken.

Liebe kennt keine Grenzen

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Von Uwe Pollmeier

Steinhagen.
Als Steinhagen und das niederländische Woerden im Mai 1972 ihre Städtepartnerschaft besiegeln, sitzen Ursula Dornbusch und Gerard van der Lit auf ihren Schulbänken diesseits und jenseits der Grenze. Sie ahnen nicht, dass die Städteverbindung sie 42 Jahre später zu ihrer ganz privaten Partnerschaft führen wird. Gestern heirateten die beiden Ratsmitglieder ihrer Kommunen im Historischen Museum in Steinhagen, bald schon werden sie ihr neues Haus in den Niederlanden beziehen.

Am Tag vor der Trauung sitzen Ursula Dornbusch und Gerard van der Lit im Garten ihres Hauses in Steinhagen und treffen die letzten Vorbereitungen. "Es war Liebe auf den ersten Blick", erinnert sich Dornbusch an das erste Zusammentreffen mit van der Lit. Allerdings, so verrät ein Blick ins HK-Archiv, nicht auf den allerersten Blick. Denn auf dem Foto vom Empfang der niederländischen Ratsdelegation durch die Steinhagener Amtskollegen anlässlich des 750-jährigen Jubiläums der Gemeinde stehen Dornbusch und van der Lit am 16. Mai 2008 auf der Rathaustreppe noch einige Stufen auseinander.

Richtig aufmerksam aufein-ander werden sie dann wenig später, als die deutschen und niederländischen Volksvertreter den Abend im Restaurant Graf Bernhard gemütlich ausklingen lassen. "Wir haben uns gesehen, zusammengesetzt und den ganzen Abend miteinander geredet. Wir haben um uns herum nichts mehr wahrgenommen", erinnert sich die CDU-Ratsfrau. Kurz darauf trennen sich ihre Wege wieder, aber das Kribbeln bleibt.

"Wir waren beide noch in fes-ten Beziehungen, aber es kriselte bereits", sagt Dornbusch. Das deutsch-niederländische Zusammentreffen der beiden Ratsmitglieder hat dann das Fass zum Überlaufen gebracht oder, um es positiv zu sagen, den Mut geweckt, neue Wege zu gehen. Beide berichten ihren damaligen Partnern umgehend von ihrer neuen Bekanntschaft. Dornbuschs Mann respektiert die Entscheidung, er hat heute noch ein gutes Verhältnis zu seiner Ex-Frau. Van der Lits frühere Partnerin hat hingegen nie Verständnis für sein Verhalten gezeigt. "Es war eine schwierige Zeit, sie hat es nicht akzeptiert", sagt van der Lit.

Aber sie lassen ihrer Gefühlswelt dennoch freien Lauf, lassen sich nicht abbremsen vom unkomplizierten und gewohnten Alltagstrott, der doch so einfach fortzuführen wäre. Dornbusch und van der Lit spüren, dass es kein Ausrutscher gewesen ist und dass sie sich lieben. Sie trennen sich von ihren Partnern und besuchen sich jedes Wochenende. Meistens fährt er zu ihr, etwas seltener düst sie in rund zweieinhalb Stunden über die Autobahnen 33, 30 und weiter über die niederländischen Schnellstraßen bis kurz hinter Utrecht. "Am längsten dauert da fast schon die Fahrt bis zur Autobahnauffahrt in

Borgholzhausen.
Danach geht es recht schnell. Es sind ja nur 300 Kilometer", sagt Dornbusch.

"Es sind sogar nur 276 Kilometer", korrigiert Gerard van der Lit freundlich. Eine Entfernung, die sich in Kürze auf null reduziert, denn ab dem 1. Juli wohnen Ursula Dornbusch, oder korrekt gesagt seit gestern ebenfalls van der Lit, und ihr Mann Gerard hinter ein und derselben Tür.

"Ich hatte mir da bisher gar nicht so viele Gedanken drüber gemacht", sagt Dornbusch. Ihre drei Kinder seien erwachsen und aus dem Haus. Die Entscheidung für Woerden und gegen Steinhagen sei aus rein beruflichen Gründen gefallen. Dornbusch ist nicht berufstätig, van der Lit hat hingegen als Gewerkschaftssekretär bei Unie, der drittgrößten Gewerkschaft in den Niederlanden, einen guten Posten. Er ist dort zuständig für die Tarifverhandlungen. "Aber je näher der Zeitpunkt des Umzugs rückt, umso mulmiger wird mir", gesteht Dornbusch. Dennoch hat sie keinerlei Zweifel daran, das Richtige zu tun.

Der 52-Jährigen ist ihr Glück deutlich anzumerken. Sie freut sich auf die gemeinsame Zukunft in den Niederlanden wie ein kleines Kind auf Weihnachten. "Außerdem heirate ich ja auch einen jüngeren Mann", sagt Dornbusch mit einem Lächeln. Zwar seien es nur neun Tage, aber immerhin. Aber Rechenspiele hin oder her, den entscheidenden Punkt fügt sie direkt an: "Gerard ist das passende Pendant für mich."

Einer ihrer größten Wünsche erfüllte sich gestern während der Trauung im Historischen Museum. Ganz in Weiß betrat sie in Begleitung ihres 90-jährigen Vaters den Raum. In der zweisprachigen Feier, deren niederländischen Teil Hans Schmidt, Woerdens Bürgermeister von 2005 bis 2012, übernahm, besiegelten beide gut zwei Jahre nach ihrer Verlobung ihre Zukunft.

Das junge Eheglück dürfte allerdings schon bald auf die Probe gestellt werden. Denn exakt drei Wochen nach dem Hochzeitstag wird in Brasilien die Fußballweltmeisterschaft eröffnet. "Wir interessieren uns beide für Fußball", sagt Dornbusch. Sie drücke auch den Niederlanden die Daumen und ihr Mann hege durchaus auch Sympathien für Jogis Elf. Wenn sich selbst in diesem Bereich Holland und Deutschland so nahe sind, muss es wohl echte Liebe sein.

"Aber wenn Deutschland gegen Holland spielt, sind wir jeweils für unser Land", schränkt Dornbusch ein. Aber dazu werde es ja eh nicht kommen, prognostiziert Dornbusch. "Holland übersteht die Vorrunde doch ohnehin nicht", sagt sie. Allerdings, so fügt sie beschwichtigend hinzu, werde auch Deutschland nicht das Finale erreichen.

Den Sieg immer fest im Blick

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Von Sonja Faulhaber

und Frank Jasper

Steinhagen.
Während die SPD am Sonntag von drei Ausnahmen abgesehen alle Wahlkreise direkt gewonnen hat und Bürgermeister Klaus Besser das beste Ergebnis seiner Bürgermeister-Karriere einfuhr, gibt sich die CDU einen Tag nach der Wahl zerknittert. "Wir mussten Sonntag etliche Wunden lecken", teilte CDU-Fraktionsvorsitzender Herbert Mikoteit gestern im HK-Gespräch mit. Die Wahlbeteiligung lag in Steinhagen bei 57,55 Prozent.

Im Verlauf des Abends war ein Wahlkreis nach dem anderen an die SPD gegangen. Selbst populäre CDU-Kandidaten mussten herbe Niederlagen einstecken. So etwa Margret Gail im Wahlbezirk 6, wo sie von Udo Waschkowitz überholt wurde, der daraufhin mit Bürgermeister Klaus Besser die Schnapsgläser kreuzte. Ina Bolte gewann ihren Bezirk sogar mit 55,31 Prozent der Stimmen - besser schnitt kein anderer Sozialdemokrat in Steinhagen ab. Einzig in Brockhagen gingen drei Wahlbezirke an die CDU. Gerhard Goldbecker, Lars Steinmeier und der einstige UWG-Kandidat Hans-Heino Bante-Ortega fuhren hier Siege ein.

"Brockhagen war immer eine Bank", sagte gestern Steinhagens CDU-Vorsitzender Dirk Lehmann und fügte hinzu: "Für Lars Steinmeier freut es mich besonders." Ansonsten boten die Ergebnisse nicht viel Grund zur Heiterkeit für die Christdemokraten. "Wir sind in den vergangenen Jahren nicht oft auf Konfrontationskurs gegangen. Das war gut für Steinhagen, hatte aber den Nachteil, dass wir uns nicht richtig abgegrenzt haben von den anderen", analysierte Lehmann den Wahlausgang. "Wir haben uns in der Schulpolitik oder in der Wirtschaftsförderung engagiert, konnten aber nicht immer deutlich machen, dass das unsere Politik ist", so Steinhagens CDU-Chef weiter. Man wolle jetzt in den Fachausschüssen gute Arbeit machen und als Opposition den Finger in die Wunden legen.

Vom Wegfall der UWG, die bei der Kommunalwahl nicht angetreten war, konnte die CDU offenbar nicht profitieren. Eben so wenig die FDP, die von 7,09 Prozent auf 4,37 Prozent abrutschte. "Immerhin haben wir uns dem Bundestrend widersetzt und behalten unsere zwei Sitze im Rat", kommentierte FDP-Fraktionsvorsitzende Silke Wehmeier den Wahlausgang aus FDP-Sicht.

Beide Fraktionen - CDU und FDP - hatten vom Hotel-Restaurant Graf Bernhard aus die eintreffenden Ergebnisse beobachtet und waren gar nicht oder erst zu später Stunde ins Rathaus gekommen, wo die übrigen Parteien von 20 Uhr an den Wahlabend gemeinsam verbrachten. Das Verhalten hatte für einiges Unverständnis gesorgt, wurde von einigen Anwesenden als unhöflich empfunden.

Die Situation stellt sich für Rot-Grün nun noch komfortabler dar, als sie es bislang schon war. Zusammen stellen SPD und Grüne 19 Sitze im Gemeinderat. CDU, FDP und die BA/STU kommen auf 15 Sitze. "Wir hatten zwar auf gute Zahlen gehofft, aber ein so gutes Ergebnis hatten wir nicht erwartet", kommentierte Bürgermeister Klaus Besser das Wahlergebnis, während er die kleine, goldene Oscar-Figur, die Udo Bolte ihm zum Sieg geschenkt hatte, gedankenverloren in der Hand hin und her drehte. Mit fast 45 Prozent der Stimmen erreichten die Sozialdemokraten ihr bestes Ergebnis seit der kommunalen Gebietsreform vor 40 Jahren.

Bitter war der Wahlabend vor allem für die Vertreter der BA/STU. Sie schafften es in den meisten Wahlbezirken nicht, über die 5 Prozent zu kommen. Nur in vier Wahlbezirken stand die 5 vorne. Das reichte am Ende für gerade einmal einen Sitz im Gemeinderat. Und damit hat die BA/STU ihren Status als Fraktion verloren. Eine Sitzung einberufen oder ähnliche Privilegien sind ihr damit verwehrt. Bereits vor fünf Jahren gab es ein ähnliches Problem für die A 33-Gegner: Die Bürgerallianz und die Südtrassenunion hatten jeweils zu wenig Stimmen erhalten, um ihren Fraktionsstatus aufrecht zu erhalten. Deshalb beschlossen sie, sich zur BA/STU zusammenzuschließen. Mit nur kurzfristigem Erfolg - wie die Wahl am Sonntag zeigte.

Für die FDP hat sich auf dem Papier zunächst einmal nichts geändert. Wie in den vergangenen fünf Jahren stellt sie zwei Vertreter für den Gemeinderat. Doch waren die Freidemokraten 2009 noch knapp am dritten Sitz vorbeigerutscht, so bewegte sich die Partei in diesem Jahr eher in Richtung unterer Grenze. Doch noch hat es mit 4,37 Prozent der Stimmen für den Fraktionsstatus der Freidemokraten gereicht.

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