Von Jonas Damme
Steinhagen. Den Jakobsweg assoziieren viele mit trockenen Wanderpfaden im spanischen Galicien. Tatsächlich beginnen die Wege der Jakobspilger bereits in Nordeuropa. Wie Historiker nun nachgewiesen haben, läuft einer davon durch Steinhagen. Ab Mai führt deshalb eine der LWL-Jakobsrouten, die in Bielefeld beginnt, auf ihren ersten Kilometern mitten durch die Gemeinde.
Der neue Pilgerweg ist das Ergebnis der Forschungen der Altertumskommission für Westfalen. Seit zwei Jahren arbeitet sie intensiv daran, die historischen Strecken der Jakobspilger in OWL nachzuweisen. Von hier aus liefen viele Büßer seit dem Frühmittelalter bis ins nordspanische Santiago de Compostela, das neben Rom und Jerusalem eines der bedeutendsten Wallfahrtszentren der Christenheit darstellte.
"Den Jakobsweg schlechthin gab es nicht", erklärt Simon Block, der für die Gemeinde Steinhagen den Jakobsweg betreut. "Jeder ging damals in der Gegend los, in der er gewohnt hat." Für die weitere Strecke habe man sich dann der Sicherheit wegen in Gruppen zusammengetan, so wurde der Weg umso bevölkerter, je weiter man sich dem Ziel näherte.
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) will den hiesigen historischen Weg nun auch modernen Wanderern wieder zugänglich machen. Startpunkt des Weges ist in
Bielefeld.
Von der Altstädter Nicolaikirche aus geht es in den Teuto. Nahe dem Zweischlingen trifft der Pilgerweg auf Steinhagener Gebiet. Dann folgt er Diana-, Osterfeld- und Bielefelder Straße in den Ortskern. Der Weg macht Station an der Dorfkirche, kreuzt den Hilterweg vor der Patthorst, folgt »Im Busche« und verläuft schließlich entlang der Brockhagener Straße, durch den Ortsteil, entlang der St. Georgskirche, nördlich vom Vennort, weiter nach Harsewinkel.Dabei folgt die Strecke großteils der historischen Forschung. "Grundsätzlich wurden den Plänen alte Handelswege und ähnliche, bekannte Routen zu Grunde gelegt", sagt Block. "Aber auch wenn jemand mit Jakobsmuschel am Wegesrand beerdigt worden ist oder überhaupt Muschelsymbole auftauchen, ist das auffällig." Die Jakobsmuschel ist seit Jahrhunderten das Symbol des Weges. Die Streifen symbolisieren die vielen Wege, die alle zum selben Ziel, dem angeblichen Grab des heiligen Jakobus, führen. Bald werden die Muscheln auch in Steinhagen zu sehen sein. Als Wegweiser begleiten sie die gesamte Route, von Bielefeld bis Galicien. In wenigen Wochen sollen die Schilder in der Gemeinde aufgestellt, beziehungsweise montiert werden.
Zusätzlich ziert die Muschel auch den Steinhagener Pilger-stempel. Daneben finden sich darauf auch das Gemeindewappen und die Symbole der drei Kirchengemeinden. Mit den Stempeln in ihrem Pilgerausweis weisen die Wanderer nach, dass sie den Weg tatsächlich gegangen sind. In Steinhagen können sie sich ihren Beweis an der ganztägig geöffneten katholischen Kirche St. Hedwig oder im Rathaus abholen. Ob auch in der Dorfkirche ein Stempel ausliegen wird, ist noch unklar. "Damit wir das anbieten könnten, müsste die Kirche ständig offen sein", erklärt Pfarrerin Petra Isringhausen, das sei gegenwärtig nicht der Fall. In der evangelischen Kirchengemeinde sei man auf der Suche nach einer Lösung.
Der Jakobsweg funktioniert natürlich so, dass man von Steinhagen bis ans heilige Grab wandern kann. Die hiesige Strecke soll die Stationen Warendorf, Telgte, Münster, Nottuln, Coesfeld und Borken berühren und dann nach Wesel an den Niederrhein führen, um dort Anschluss an die rheinischen Jakobswege zu finden.
"Natürlich ist der Jakobsweg heutzutage auch in einem touristischen Kontext zu sehen", sagt Simon Block. "Die Motivation der Pilger ist ganz individuell." Ging es im Mittelalter noch vornehmlich darum, durch die Pilgerfahrt Buße zu tun, geht es heute bei langen Wanderungen eher um Selbstfindung. Oder einfach nur darum, herauszufinden, welchen Weg Büßer vor 500 Jahren gewählt haben mögen.
Wer übrigens den Ehrgeiz hat, den hiesigen Jakobsweg vollständig, also von Bielefeld über Steinhagen bis Santiago de Compostela zu wandern, sollte sich vorher ein Paar neue Stiefel gönnen, die gesamte Strecke beträgt rund 2500 Kilometer.
¦ Der neue Pilgerweg wird am 8. Mai in Telgte offiziell eröffnet. Dann soll es auch eine Broschüre geben, die den Verlauf detailliert nachvollzieht. Außerdem ist eine Handy-App geplant, mit der die Route, Übernachtungsmöglichkeiten, Sehenswürdigkeiten am Wegesrand und vieles mehr studiert werden können.